Rede zum Bezirkshaushalt 2020

Grüne Bezirksrätin*innnen, Gabriele Bayer und Stefan Christoph

Grüne Bezirksrät*innen beklagen mangelnde Finanzausstattung. „Sozialhilfe darf nicht von der Wirtschaftskraft abhängen“, deswegen wird jeder Vorstoß die Finanzierung der Bezirke auf stabilere Beine zu stellen begrüßt.

Die Aufgaben und Erwartungen an uns als Bezirk wachsen. Seien es allgemeine gesellschaftliche Entwicklungen wie der demografische Wandel, wie die zunehmende Zahl der diagnostizierten psychischen Erkrankungen oder wie die vollkommen zurecht gestiegenen Erwartungen an Inklusion. Auch in anderen Bereichen wie der Kulturförderung wird mit uns gerechnet; dass unsere Anträge zum Thema Popkultur schon 2020 zum ersten Mal im Haushalt zu Buche schlagen, freut mich natürlich besonders und sorgt – denke ich dafür – dass wir mit unserer Arbeit als Bezirk auch neue Gruppen erreichen.

Daneben werden uns immer mehr Aufgaben und Finanzierungslasten, vor allem im Sozialbereich, durch Gesetz zugewiesen. Sei es aktuell das Angehörigen-Entlastungsgesetz oder das Bundesteilhabegesetz. Wir Bezirke können steigende Aufgaben nicht mit gleichbleibenden Einnahmen bestreiten.

Seit Jahren beklagen sich die bayerischen Bezirke deswegen. Geändert aber hat sich in der Zeit aber wenig. Über 57 Prozent unseres Haushalts bestreiten wir als Bezirk aus der Umlage, die wir von den Landkreisen und kreisfreien Städten erheben. Auch wenn der Hebesatz für das kommende Jahr gestiegen ist, sind wir als Bezirk immer noch im unteren Feld und deutlich unter dem Landesschnitt. Wir müssen uns hier also nicht vorwerfen lassen, die Umlagezahler über Gebühr zu belasten.

Auch die Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich stützen uns als Bezirk. Doch mit gerade einmal 20 Prozent des Haushaltsvolumens sind sie nur ein kleinerer Teil des kommunalen Steueraufkommens, das uns der Freistaat zukommen lässt.

Deswegen begrüßen wir Grünen jeden Vorstoß, die Finanzierung der Bezirke auf stabilere Beine zu stellen. Im Notfall auch, wenn die Einhaltung des Konnexitätsprinzips gerichtlich eingefordert werden muss. Konnexität heißt richtigerweise nämlich nicht „wer zahlt, schafft an“, sondern „wer anschafft, der zahlt“. Wenn das nur über eine Normenkontrollklage durchgesetzt werden kann, gehen wir diesen Weg mit.

Dabei geht es nicht nur um die finanziellen Auswirkungen dieser beiden konkreten Gesetze. Allgemein scheint sich der Gedanke, des Nach-unten-Delegierens durchzusetzen, in dem Bund und Freistaat Aufgaben an die Kommunen weitergeben, ohne aber Geld dafür bereitzustellen. „Wird kostenneutral umgesetzt“ ist die Killerphrase im Vorspruch jedes Gesetzentwurfs.

Wir müssen uns hier für eine stabile Finanzierung der ganzen kommunalen Ebene einsetzen. Wenn die Steuereinnahmen in den kommenden Jahren tatsächlich sinken sollten, müssen wir uns nämlich weiter finanzieren – denn unsere Aufgaben sinken nicht.

Sozialhilfe darf nämlich nicht von der Wirtschaftskraft abhängen. Und ich bin froh, dass wir uns hier im Gremium dabei auch fast alle einig sind. Bis auf eine Partei, die den Haushalt bis heute nicht verstanden hat. Ein Kollege von ganz rechts außen lässt sich dieses Frühjahr auf der Website seines Partei-Bezirksverbands nämlich damit zitieren, er habe „über genaue Details zu den Einzelplänen des Haushalts noch keine Kenntnis erlangen“ können. Dass er das auch Monate nach der letzten Haushaltssitzung immer noch nicht geschafft hat, finde ich sehr schade. Wieso man in den Fachausschüssen für alle Positionen des aktuellen Haushaltsvorschlags stimmt, im Bezirksausschuss dann aber schließlich dagegenstimmt – ohne einen Alternativvorschlag zu haben – das erschließt sich mir sowieso nicht. Würden sich mehr Leute hier im Gremium so verhalten, müssten wir nämlich alle Krankenhäuser und Einrichtungen zusperren.

Ich möchte nochmal betonen: Es geht hier um Menschen, die oft wenig Geld oder Infrastruktur zur Verfügung haben. Oder zumindest um Menschen mit Einschränkungen, mit psychischen Erkrankungen oder mit Pflegebedarf – damit also um Menschen, die ein deutlich erhöhtes Armutsrisiko, vor allem Altersarmutsrisiko, haben. Durch unsere Arbeit als Bezirk können wir ihnen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen und in vielen Fällen ein Abrutschen in die Armut verhindern. Wir als Bezirk sind eine der größten Präventiveinrichtungen im sozialen Bereich. Wenn unsere Arbeit versagt, wenn wir nicht mehr die notwendigen Haushaltsmittel bereitstellen können, dann müssten am Ende in vielen Fällen die örtlichen Sozialhilfeträger in Leistung gehen. Und insbesondere den betroffenen Menschen würden wir damit die Chance auf ein gutes Leben nehmen.

Deswegen: Hilfseinrichtungen zusperren – mit uns geht das nicht. Im aktuellen Bezirkshaushalt haben wir eine ordentliche Finanzierung für alle Bereiche des Haushalts schaffen können. Das ist wichtig, um unsere steigenden Aufgaben bewältigen zu können. 

Neben dem Geld – oder mit dem Geld schlägt auch die Infrastruktur zu buche, die wir unterhalten müssen. Allein schon in dem Bereich macht sich das Bundesteilhabegesetz bemerkbar, für dessen Umsetzung wir einen neuen Verwaltungsanbau realisieren müssen. Was mich sehr freut ist, dass hier inzwischen konsequent auf Photovoltaikanlagen gesetzt wird. Das ist nicht nur eine Verantwortung gegenüber Umwelt und Klima – sondern natürlich auch gegenüber den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, die ansonsten für die Stromkosten aufkommen müssen.

In einigen Bereichen sind wir schon ganz weit als Bezirk. Doch es ist auch noch Luft nach oben. Wir brauchen für alle Bezirksliegenschaften dringend einen Sanierungs- und Investitionsplan. Und einen Liegenschaftsmanager, der sich nicht nur darum kümmert, sondern dessen Aufgabe vor allem das Thema Klimaschutz und klimagerechte Sanierung sein muss. Neue Gebäude müssten wir eigentlich immer nach dem Plusenergiestandard planen. Das heißt, Dämmen mit modernen Methoden wie der Vakuumdämmung statt mit Styropor, das heißt Wärmetauscher und aber auch die eigene Herstellung von Strom und Wärme. Moderne Architektur macht das alles möglich, schont das Klima und langfristig auch die Kassen der Umlagezahler. 

Aber auch in anderen Bereichen würde noch mehr gehen: Dass die aufgeständerte Parkplatzlösung für die benötigten neuen Stellplätze bei der Hauptverwaltung nicht ernsthaft geprüft, sondern gleich wieder verworfen wurden, finden wir schade. Denn zur Verantwortung unserer Umwelt gegenüber gehört es auch und ganz besonders nach dem erfolgreichsten Volksbegehren in der Geschichte des Freistaats, den Flächenverbrauch zu reduzieren – auch für uns als Bezirk.

Ich habe jetzt viel über Stahl, über Beton oder auch Holz geredet. Aber der wichtigste Faktor sind und bleiben für uns die Menschen. Alleine schon wegen unserer Aufgaben – vor allem in Sozialhilfe, in der „sprechenden Medizin“ und in der Kultur. Die Beschäftigten des Bezirks müssen im Fokus unserer Aufmerksamkeit stehen. Wir alle wissen über die großen Schwierigkeiten bei der Personalbeschaffung. Umso wichtiger ist es, ein gutes Arbeitsklima zu schaffen. Die neue RVV-Haltestelle am Bezirk ist eine kleine aber wichtige Erleichterung – natürlich nicht nur für unsere Beschäftigten, sondern vor allem auch für Antragsteller*innen.

Auf das Personal acht zu geben, das heißt auch, dass wir die Überstundensituation in der Verwaltung genau im Auge behalten müssen. Das heißt auch, dass wir insbesondere Überlastungen beim Personal im psychiatrischen Bereich genau im Auge behalten müssen. Am Ende müssen die Arbeitsbedingungen stimmen!

Meine Damen und Herren,

ich möchte auf einen letzten großen Bereich eingehen, der mit besonders wichtig ist: das Thema Kultur. Kulturelle Angebote bieten Menschen sowohl die Möglichkeit, sich zu entspannen, als auch sich selbst auszudrücken. Mit anderen Leuten ins Gespräch zu kommen oder sich selbst zu finden. Allein deswegen ist Kultur so vielseitig. Und sie ist auch ein wichtiger Standortfaktor, der Leute dazu bringt, in einem Ort zu bleiben oder in die nächstgrößere Stadt weiterzuziehen. Deswegen ist die Kulturförderung gerade für den ländlichen Raum so unglaublich wichtig.

Zwei Einrichtungen, die ich besonders nennen will – nicht nur weil sie einen wichtigen Bildungsauftrag haben, sondern auch weil sie beide seit kurzem den Titel Umweltstation tragen – sind das Oberpfälzer Freilandmuseum Neusath-Perschen und die Jugendbildungsstätte Waldmünchen. Wenn auch zum Teil in sehr unterschiedlichen Bereichen, wird hier wichtige Arbeit zur Bildung junger und auch älterer Menschen geleistet und das Zusammenleben in der Oberpfalz gefördert. Das Zusammenleben mit der Tier- und Pflanzenwelt; aber auch das Zusammenleben mit unseren Mitmenschen.

Ich freue mich ganz besonders, dass wir mit unserem grünen Antragspaket zur Popkultur in der Oberpfalz eine wichtige Weichenstellung in dem Bereich geschafft haben. Mit der Aufstockung der Stelle des Popularmusikbeauftragten ab 1. April setzen wir eine gute Grundlage für Kulturarbeit, die Menschen in der ganzen Oberpfalz das Gefühl gibt, auch an moderner Kultur teilzuhaben. Nicht zuletzt setzen wir damit auch eine Empfehlung des Bayerischen Bezirketags um, der die Einführung hauptamtlicher Strukturen in dem Bereich empfiehlt.

Auf die Vorbereitung des zweiten Punktes aus unserem Antragspaket, den wir auf den Weg gebracht haben, freue ich mich besonders. Denn mit dem Oberpfälzer Popkulturfestival können wir echte Pionierarbeit leisten und zeigen, wie vielfältig die Kulturszene in unserem Bezirk ist. Ab April werden wir auf Hochtouren daran arbeiten.

Mit wem ich meine Haushaltsrede schließen möchte – und zwar wirklich ganz nach dem Motto „last but not least“ ist der Bezirksjugendring Oberpfalz. Es ist immer wieder eine Freude, die Mitgliederversammlungen des Bezirksjugendrings zu besuchen und zu sehen, wie viele junge Menschen sich in ihrer Freizeit engagieren und für Themen brennen. Was Demokratie, Zusammenleben und Vielfalt angeht, haben die Jugendringe und Jugendverbände eine ganz wichtige Aufgabe. Gerade jetzt, wo sie auf Landesebene von Rechtsaußen angegriffen werden, ist es umso wichtiger, ihnen den Rücken zu stärken. Auch im Bezirksausschuss hatten wir ja bereits einen Antrag von der ultrarechten Seite, der ganz klar darauf abgezielt hat, die Arbeit des Bezirksjugendrings und der Jugendverbände zu diskreditieren und ihnen Gelder zu streichen. Zum Glück haben wir ihn mehr als deutlich abgelehnt. Ich denke, das ist heute wichtig: dass wir zusammenstehen. Für eine Demokratie, die alle Menschen miteinbezieht; für eine Kultur, die zum Ausdruck bringt, wie vielfältig die Oberpfalz ist; und als Sozialparlament natürlich vor allem für Solidarität mit den schwächsten Menschen in unserer Gesellschaft.