Verbilligte Abgabe staatlicher Liegenschaften für den sozialen Wohnungsbau ermöglichen!

Rede des Abgeordneten Jürgen Mistol vom 15.03.2022 – zweite Lesung zum Gesetzentwurf der SPD zur Verbilligten Veräußerung landeseigener Grundstücke für Zwecke des Gemeinwohls
Drs. 18/18929

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen!

Wenn ich mir die Rede von Herrn Kollegen Hofmann anhöre, muss ich ganz deutlich feststellen: So wird dies nichts mit bezahlbarem Wohnraum in Bayern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn Sie sagen, dass das, was vorgeschlagen wurde, nicht praktikabel ist, fordere ich Sie auf, endlich einmal selbst etwas vorzulegen. Das bleiben Sie uns aber schuldig. Nach der Sachverständigenanhörung im Bauausschuss zum Thema staatliche Immobilienverwaltung im Juni letzten Jahres hatte ich eigentlich gedacht, der Vorschlag der verbilligten Abgabe landeseigener Grundstücke für den sozialen Wohnungsbau würde endlich auch bei den Regierungsfraktionen auf fruchtbaren Boden fallen. Ein Dreivierteljahr und zwei Oppositionsinitiativen später ist daraus jedoch immer noch keine rechtliche Grundlage geworden, obwohl sich die Experten eindeutig dafür ausgesprochen hatten.

Ich zitiere einen der Experten. Auf den Vorwurf, eine Verbilligungsrichtlinie würde nichts bringen, sagte er: Aber da kann ich nur ganz massiv widersprechen. Das stimmt nicht. Das könnte ein zusätzlicher Anreiz sein, um den geförderten Wohnungsbau vorwärtsbringen, vielleicht auch gerade auch bei den privaten Unternehmen. Das hatten wir alles schon, und das hat sehr wohl genutzt,…–

Diese zitierte Aussage stammt vom Vorsitzenden des Oberst Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Freistaat Bayern. Ich könnte noch munter weiter aus dem Protokoll der Anhörung zitieren, aber Sie können das auch gerne selbst nachlesen.

Bereits im letzten Sommer haben wir GRÜNEN Ihnen ein Angebot gemacht mit dem Antrag, eine verbilligte Abgabe zum Zwecke des sozialen Wohnungsbaus im Haushaltsgesetz in Verbindung mit einer Verbilligungsrichtlinie zu regeln. Das kann so gehen, das beweisen sowohl der Bund, der das so praktiziert, wie auch Länder wie beispielsweise Baden-Württemberg. Es fehlt Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, aber – und das ist gerade eben bei der Rede von Herrn Kollegen Hofmann deutlich geworden – der Wille, sich überhaupt ernsthaft mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Stattdessen tragen Sie das Haushaltsrecht, das Grundstockvermögen, wie eine Monstranz vor sich her. Man muss klarstellen: Bei einer Abgabe unter Verkehrswert handelt es sich keineswegs um eine einseitige Leistung, werden doch im Gegenzug bezahlbare Wohnungen zur Erfüllung der Daseinsvorsorge geschaffen. Das entspricht wiederum dem Auftrag gemäß Artikel 106 der Bayerischen Verfassung. Außerdem kann man das Grundstockvermögen unter anderem durch eine Vergabe im Erbbaurecht, was aus meiner Sicht und aus Sicht meiner Fraktion ohnehin die bevorzugte Praxis im Umgang mit staatlichen Liegenschaften sein sollte, oder durch ein Wiederkaufsrecht wahren. Aber wo kein Wille, da kein Weg.

Kolleginnen und Kollegen, vor wenigen Wochen wurde im Haushaltsausschuss über die BayernHeim und ihren bisher mäßigen Baufortschritt diskutiert. Zu dem Zeitpunkt war Staatsministerin a. D. Kerstin Schreyer schon angezählt. Dass die BayernHeim nicht erfolgreich ist und auch in Zukunft nicht erfolgreich sein kann, dann liegt das vor allem daran, dass die Rahmenbedingungen nicht stimmen. Der neue Bauminister Christian Bernreiter tritt deshalb ein schweres Erbe an. Ihm ist zu wünschen, dass man ihn dabei nicht so im Regen stehen lässt wie seine Vorgängerin.

Kolleginnen und Kollegen, bisher hat die BayernHeim acht nicht staatliche Grundstücke für den Wohnungsbau erworben. Dazu gehört auch das Grundstück in Ingolstadt, auf dem die BayernHeim erstmals selber baut. Seit 2018 hat die IMBY dem Bauministerium und damit den staatlichen Wohnungsbaugesellschaften über 380 staatseigene Flurstücke für die vertiefte Prüfung auf Potenzial für den Geschosswohnungsbau vorgelegt. An die BayernHeim wurde bisher kein einziges staatliches Grundstück verkauft oder in Erbbaurecht vergeben, im Gegenteil. Das Grundstück „Schilcherweg“ in München musste die BayernHeim letztlich der Stadibau überlassen, weil es für die Bayern- Heim nicht wirtschaftlich gewesen wäre. Warum? – Weil sie das Grundstück zum Verkehrswert hätte erwerben müssen. Merken Sie da etwas?

Noch ein weiterer Aspekt aus meiner jüngsten Schriftlichen Anfrage: Seit 2018 wurden 26 Grundstücke, die nicht für die Bebauung durch die staatlichen Wohnungsbaugesellschaften infrage kommen, im Wege der öffentlichen Ausschreibung veräußert. Nur ein einziges Grundstück wurde im Erbbaurecht vergeben. Die Grundstücke konnten weder von Kommunen noch von kommunalen Wohnungsbaugesellschaften oder Wohnungsbaugenossenschaften erworben werden. Was sagt uns das? – Auf den ehemals staatlichen Grundstücken entstehen vor allem teure Wohnungen. Dabei könnten wir doch mit einer gemeinwohlorientierten Liegenschaftspolitik den sozialen Wohnungsbau gezielt steuern und voranbringen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, die SPD hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der dem Verbilligungsgesetz entspricht, das in Bayern schon einmal gegolten hat. Wir teilen die Intention des Gesetzes, halten den Gesetzentwurf an der einen oder anderen Stelle noch für verbesserungswürdig. Aufgrund der ohnehin begrenzten Anzahl entbehrlicher landeseigener Grundstücke sollte der Fokus zunächst wirklich auf den sozialen Wohnungsbau gelegt werden. Außerdem sieht der Gesetzentwurf keine Vergabe in Erbbaurecht vor. Um den Bedarf an Wohnraum im Freistaat zu decken, ist eine Beteiligung aller Marktakteure erforderlich. Auch das wurde im Rahmen der Anhörung deutlich. Entscheidend dabei ist aber, wie auch bei der Wohnraumförderung, dass langfristig ein gemeinwohlorientierter Wohnungsbestand geschaffen und gehalten wird. Der Staat hat klar in der Hand, was im Gegenzug zu den öffentlichen Leistungen von Begünstigten zu erbringen ist. Deswegen stimmen wir dem Gesetzentwurf der SPD zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)