Brief an die Oberbürgermeisterin zum Infektionsschutz in Sitzungen des Stadtrats 2021-01-20 Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, auf eine Anfrage der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nach einer Begründung für die Entscheidung gegen eine allgemeine Maskenpflicht in Sitzungen, und inwieweit dies auch auf kommunaler Ebene entschieden werden könne, führte das bayerische Innenministerium aus, Sitzungen kommunaler Gremien seien als Teil der staatlichen Exekutive tatsächlich grundsätzlich vom Anwendungsbereich der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BayIfSMV) ausgenommen. In der Antwort der Staatsregierung heißt es weiter: „Unabhängig hiervon hat der Einzelne aber jedenfalls nach Art. 2 Abs. 2 GG einen Anspruch auf körperliche Unversehrtheit und daher auch während einer Sitzung von gesundheitsgefährdenden Einwirkungen möglichst verschont zu bleiben. Soweit Anhaltspunkte gegeben sind, die auch während der Sitzungen kommunaler Gremien die Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung als notwendig und verhältnismäßig erscheinen lassen, ist eine solche Verpflichtung im Rahmen der Ausübung des Hausrechts durch den Vorsitzenden von Art. 53 Abs. 1 Satz 1 GO, Art. 47 Abs. 1 Satz 1 LKrO, Art. 44 Abs. 1 Satz 1 BezO grundsätzlich gedeckt. (…) Die Anordnung einer Pflicht zu einer Mund-Nasen-Bedeckung gegenüber den Gremiumsmitgliedern bedarf zwar einer besonderen Abwägung, da sie deren mitgliedschaftliche Rechte berühren kann. Die Ausübung dieser Rechte dürfte aber jedenfalls dann nicht unzumutbar beeinträchtigt sein, wenn andernfalls der gebotene Hygieneabstand von 1,5 Metern objektiv nicht eingehalten werden könnte oder sich aus sonstigen räumlichen oder Gegebenheiten die Bedeckung zum Schutz vor Infektionen aufdrängt. Immerhin haben die Gremiumsmitglieder, für die ein Sitzungszwang besteht, als Kehrseite der Teilnahmepflicht einen mitgliedschaftsrechtlichen Anspruch auf körperliche Unversehrtheit.“ Die Antwort der Staatsregierung fügen wir diesem Brief an. Aus den Ausführungen der Staatsregierung schließen wir, dass unter bestimmten Umständen eine Maskenpflicht in Stadtratssitzungen auch verbindlich vor Ort geregelt werden könnte. Eine Verpflichtung im Rahmen des Hausrechts ist grundsätzlich möglich, wenn sie „notwendig undverhältnismäßig“ erscheint. Es wird in der Abwägung zwar davon ausgegangen, dass im Regelfall wenn der „gebotene Hygieneabstand von 1,5 Metern“ eingehalten wird, der „Anspruch auf körperliche Unversehrtheit“ ausreichend sichergestellt ist, hier wird aber das besondere Schutzbedürfnis von Risikogruppen im Stadtrat nicht näher berücksichtigt. Für Menschen, die einer Risikogruppe angehören, werden in vielen anderen Bereichen regelmäßig strengere Maßnahmen als notwendig und verhältnismäßig erachtet, um ihren Anspruch auf körperliche Unversehrtheit ausreichend sicherzustellen, wie die Beispiele von eingeschränkten Besuchsregelungen in Behinderteneinrichtungen und Pflegeheimen zeigen. In Bezug auf die Tätigkeit im Stadtrat bedeutet dies eine Abwägung zwischen dem Recht und der Pflicht eines gewählten Mitglieds, an Sitzungen teilzunehmen, gegen die Freiheit der anderen Mitglieder des Stadtrats, keine Maske zu tragen. Ein Mitglied des Stadtrats (Stadträtin Wiebke Richter), für das grundsätzlich Teilnahmepflicht besteht, kann auf dringendes ärztliches Anraten seit Wochen nicht an Sitzungen teilnehmen, weil der individuelle Anspruch auf körperliche Unversehrtheit bei den stark erhöhten Infektionszahlen ohne Maskenpflicht im Innenraum nicht ausreichend sichergestellt ist. Den Ausschluss eines Mitglieds des Stadtrats von Sitzungen halten wir nicht für verhältnismäßig, insbesondere ohne eine klare zeitliche Perspektive. Ob dies noch auf weitere Mitglieder zutrifft, ist uns nicht bekannt, jedoch steht zu vermuten, dass nicht nur mindestens ein Mitglied des Stadtrats aktuell von Sitzungen ausgeschlossen ist, sondern weitere ihre Gesundheit aufs Spiel setzen. Die Abwägung der Verhältnismäßigkeit trifft die Oberbürgermeisterin bzw. die jeweilige das Hausrecht ausübende Sitzungsleitung. Es liegt in ihrer Verantwortung. Andere kommunale Gremien, wie etwa der Weidener Stadtrat und der Deggendorfer Kreistag gehen mit gutem Beispiel voran und setzen eine strenge Maskenpflicht via Hausrecht durch, um ihrer Verantwortung für die Mitglieder und das Personal gerecht zu werden. Wir sind der Meinung, dass dies auch in Regensburg notwendig und angebracht ist und bitten um erneute Prüfung. Mit freundlichen Grüßen Maria Simon, FraktionsvorsitzendeStefan Christoph, FraktionsvorsitzenderAnna Hopfe, Stv. FraktionsvorsitzendeWiebke Richter Offener Brief an die Oberbürgermeisterin zum Infektionsschutz in Sitzungen des Stadtrats (mit Antwort der bayerischen Staatsregierung)